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Geschäftspartnerschaften und gemeinsame Gründungsprojekte: Darauf kommt es an!

Ziel ist gesteckt und alle Mann an Deck! Kurs?  Zu spät gecheckt!

Eine Reise durch meine Zeit als Geschäftsführerin und Unterstützerin bei der Gründung eines Campingbetriebs und die bitteren Früchte der späten Erkenntnis 

 

Anfang 2021: Spannendes Gründungs-Projekt in Sicht

Nach mehreren gescheiterten zeit-, geld- und nervenden Anläufen, einen eigenen Campingplatz zu gründen, wo vor allem mein nur bürgerliches Eigenkapital oft das Aus bedeutete, schien es, dass meine Vorbereitung zu Übernahme eines Platzes endlich auf Gelegenheit traf. Ich lernte zwei Herren kennen, die im Saarland einen großen Campingplatz in traumhafter Lage übernehmen und neu ausrichten wollten. Dafür suchten sie eine Platzleitung, die während des späteren Betriebs auch ständig vor Ort ist. Das Konzept sagte mir sehr zu. Natur-, Aktiv- und Outdoorerlebnisse standen im Fokus und auch sonst fanden sich in dem Konzept viele Elemente aus meinem damaligen Konzept wieder. Sozusagen alles ein paar Nummern größer, als ich es mir damals für mich und meine Projekte erdacht habe. Ich konnte mir ein Leben dort an diesem schönen Fleckchen Erde zwischen Wald und See auch gut vorstellen. Das, wo wir hin wollten, war klar, und zwischenmenschlich schien es auch gut zu passen.

 

Mir war bewusst, dass dieses Projekt eine Mammut-Aufgabe sein würde. Der Campingplatz war, gelinde gesagt, ziemlich herunter gerockt und die knapp 500 Dauercamper waren alles andere als erfreut, dass der Platz neu ausgerichtet werden soll. Viele der Dauercamper waren dort schon seit Jahrzehnten und haben sich entsprechend häuslich eingerichtet. Einige „Bauherren“ waren sehr kreativ und hatten mit allerlei Materialien (unter anderem auch Beton) die Fläche ihrer Parzellen bis zur Grenze hin mit ihren persönlichen Erkennungsmerkmalen versehen. Alleine den Platz wieder so her zu richten, dass er den Bestimmungen der Campingverordnung gerecht wird, war schon eine große Herausforderung und Widerstand war vorprogrammiert. Dennoch: Man wächst mit seinen Aufgaben und ich war ja nicht alleine. Ich hatte Partner und wir alle hatten viel Unterstützung von der Gemeinde.

 

Aufstand der Dauercamper

Dann ging alles ganz schnell: Nach 21 Jahren Dienst bei der Polizei NRW kündigte ich meinen Beamtenstatus und ließ mich auf das Abenteuer als angestellte Geschäftsführerin ein. Bis zur Übernahme des Platzes hatten wir nur wenige Wochen Zeit. Das Unternehmen wurde im Schnelldurchlauf gegründet und wir stürzten uns kopfüber in die Arbeit. Und es war viel Arbeit, verdammt viel!!! Der erste Monat, in dem noch Corona-Beschränkungen galten, war geprägt von der Kommunikation mit den Dauercampern. Die Corona-Auflagen gestatteten keine Versammlung oder Ähnliches, wo man sich von Angesicht zu Angesicht hätte kennen lernen können. Die Gemüter waren stark erhitzt und schaukelten immer weiter hoch, so dass man die damaligen Reaktionen und Ereignisse der Dauercamper schon als Aufstand bezeichnen konnte. Dies war recht pressewirksam, da es endlich in der Region ein anderes Thema als Corona gab. Diese Tage waren sehr anstrengend und ich fühlte mich sehr an zahlreiche Demo-Einsätze aus meiner 13-jährigen Dienstzeit in der Bereitschaftspolizei erinnert. Manchmal fragte mich, warum ich eigentlich meine Job gewechselt habe, wo mir hier das Gleiche begegnet. Andererseits ...Wer soll für eine derartige Situation mit hoch emotionalisierten Menschen, Protest, Pressewirksamkeit, Sachbeschädigungen und das Entgegennehmen von Drohungen und Beleidigungen besser geeignet sein, als eine ehemalige Polizeibeamtin?

 

Das böse Erwachen

Als dann die Corona-Auflagen wieder touristisches Camping zuließen und wir nach und nach unser Tagesgeschäft aufbauen und einrichten konnten, kam für mich der große Aha-Moment, mit dem ich nicht gerechnet hatte: Wir hatten vollkommen andere unternehmerische Ansätze, wann was mit welchen Mitteln erreicht werden soll. Das große Ziel war uns klar, aber wie und womit wir dort hinkommen, darüber hatten wir in der ganzen Dynamik nie so wirklich gesprochen.

 

Mein unternehmerisches Weltbild setzte sich aus dem zusammen, was ich aus Gründungsseminaren, meinem Fernstudium, der Ausbildung zum Camping- und Ferienparkmanager und dem Input meiner Unternehmensberater gehört habe. Ich bin davon ausgegangen, dass meine Gesellschafter auch dieses unternehmerische Weltbild haben und nach den mir bekannten Strategien vorgehen. Ich wurde eines Besseren belehrt. Sie setzten andere Prioritäten und setzten die Ressourcen vollkommen anders ein, als ich erwartet hatte. Das Aufeinanderprallen unserer unterschiedlichen Strategien hat dazu geführt, dass wir uns nach nur zweieinhalb Monaten wieder getrennt haben. Ich bin seinerzeit dafür angetreten, um das, was ich gelernt habe, umzusetzen. Und das war mir so bei diesem Projekt nicht möglich, denn es waren andere Strategien und Methoden vorgesehen. Ich fühlte mich wie im falschen Film und manchmal sogar, wie in einem Albtraum, in dem man sich verlaufen hat und nicht mehr zurück finden kann. Schnell wurde mir klar, dass eine Zusammenarbeit zwischen uns keine Zukunft mehr hat. Zu groß waren die Differenzen unserer Vorstellungen davon, wie, wann und mit welchen Mitteln was wann erreicht werden soll.

 

Es fiel mir sehr schwer, mein tolles, neu aufgebautes, etwa 10-köpfiges Mitarbeiterteam zu verlassen, was mit mir die chaotische Anfangsphase gerockt hat und mich mit dem Status „Wohnungslos & Arbeitslos“ in eine ungewisse Zukunft zu begeben. Schließlich hatte ich meine alte Wohnung gekündigt und die Betreiberwohnung auf dem Platz zu meinem offiziellen Wohnsitz erklärt. Als ich ein paar Monate später meine Stelle im Hotel angefangen habe, war es wie unternehmerisch nach Hause kommen. Die Führung agiert mit meinen mir vertrauten unternehmerischen Strategien und mein innerer unternehmerischer Weltfrieden war wieder hergestellt.

 

 Was ich aus diesem Projekt gelernt habe? Hier sind meine Erkenntnisse für Euch:  

1. Strategien und Methoden der Umsetzung mit den W-Fragen klären. Können sich alle Geschäftspartner auf einen Kurs einigen?

Allzu oft neigen wir Menschen dazu, zu denken, dass andere ihre Entscheidungen auf den gleichen Informationen aufbauen, wie wir. Wahrscheinlich kennt Ihr auch das Bild von der 6 oder 9, an dem ein Mensch am unteren Ende steht und die 6 erkennt, und er andere am oberen Ende steht, und die 9 erkennt. Im Gespräch ist es also wichtig zu wissen, welche Informationen und Erkenntnisse mein Gesprächspartner hat, auf die er seine Entscheidungen aufbaut. Ich ging damals davon aus, dass meine Gesellschafter ähnliche Lehrmeister wie ich hatten und dementsprechend auch mit ähnlichen Strategien und Methoden ihr Business aufbauen wollen. Hätten wir uns direkt die Zeit genommen, uns intensiv auszutauschen WER WANN WAS WIE und WOMIT umzusetzen will, hätten wir vielleicht schon früher festgestellt, dass wir auf vollkommen unterschiedlichen Dampfern manövrieren.

 

Zur Zeit absolviere ich einen Lehrgang zum Tourismusmarketing. Er besteht aus vier großen Themenblöcken. Ein Themenblock widmet sich nur der Implementierung von Marketing-Konzepten, also dem Thema wie und womit die Konzepte umgesetzt werden. An dieser Stelle wurde mir wieder bewusst, welchen Stellenwert es hat, die konkrete Umsetzung von Anfang an mit in ein Projekt mit einzubeziehen und vor allem ganz genau die Rahmenbedingungen zu klären.

 

Es gibt Menschen, die sind sehr erfolgreich, indem sie einfach loslegen und machen, ohne sich vorher allzu große Gedanken zu machen und Strategien zu entwickeln. Ich weiß nur, dass ich dazu nicht gehöre und für meine zukünftigen Gemeinschaftsprojekte die W-Fragen geklärt haben muss.  

2. Ressourcenfragen klären: Was kann, will und wird jeder der Geschäftspartner einbringen?

Die Umsetzung von Konzepten und Strategien sind zum größten Teil Ressourcenfragen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es wichtig ist, vor der Umsetzung eines Projektes genau zu klären, welche Ressourcen vorhanden sind, welche man wie bereitstellt und welche Ressource in welchem Umfang für was verwendet wird. „Geld zerstört die Freundschaft.“, „Über Geld spricht man nicht.“ und „Zeit ist Geld.“ sind alles bekannte Sprüche, an denen aber doch viel Wahrheit ist. Geld hat sich aus dem Wunsch der Menschen entwickelt, die eigens erbrachte Arbeitsleistung, in die man Lebensenergie gesteckt hat, zu konservieren. Ich denke, genauso wichtig, wie die Klärung des finanziellen Einsatzes der Beteiligten in einem Business-Projekt ist ist die Klärung des Einsatzes des individuellen Engagements. Die meisten Gemeinschaftsprojekte scheitern nicht am Willen der einzelnen Beteiligten, sondern am Zwischenmenschlichen und den Ressourcen. Zeit und Lebensenergie sind existenzielle Ressourcen, deren Einsatz sich nur schwer vorab in Form von Regeln und Vereinbarungen festlegen lässt. Dennoch liegt es in der Natur den Menschen, innerhalb des Teams zu vergleichen, wie viel die anderen zum gemeinsamen Erfolgt rein gegeben haben.

 

Schon in der Vergangenheit habe ich bei zwei kleineren Internetprojekten die Erfahrung gemacht, dass wir Beteiligen die „WIE soll WANN WAS WOMIT umgesetzt werden?“-Frage zu spät gestellt haben und sich deshalb die Projekte im Sande verlaufen haben. Wir hatten das große Ziel vor Augen, an dem jeder gearbeitet hat und dachten, dass wir nachher einfach die „Hausaufgaben“ aus dem Kompetenzbereich der jeweiligen Personen zusammenfügen müssen. Wer sich wie in welcher Intensität einbringt und was wir alle bereit sind, dafür zu geben und ob wir auch tatsächlich über die erforderlichen immateriellen Ressourcen, insbesondere Zeit, Kraft und Energie, verfügen, haben wir kaum geklärt. 

3. Methoden, Werte und Grenzen der Geschäftspartner kennen

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Klärung der jeweiligen Strategien und Methoden, wie das Ziel erreicht werden soll sowie das Wissen um Grenzen und individuelle No-Gos der einzelnen Personen. Bei dem kleinen Internetprojekt vor etwa 10 Jahren haben wir damals nicht konkret über die Methoden gesprochen, wie wir unser Projekt für Kooperationspartner bekannt machen wollen und wo die persönlichen Grenzen der Privatsphäre der jeweiligen Beteiligten liegen. Beispielsweise war eine von uns schon Unternehmerin und es gewohnt, im Internet sichtbar zu sein. Da sie bereits über ein gutes Netzwerk verfügte, nahm sie die Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit wahr. Für sie war klar, dass zu unserer Mission auch Namen und Gesichter gehören und gestaltete dementsprechend unsere Auftritte. Unsere kreative Gestalterin im Hintergrund hingegen, wollte auf keinen Fall mit Namen, Foto und anderen persönlichen Informationen im Internet sichtbar sein. Die Unternehmerin hat dies erst gewusst, als es schon zu spät war und Name und Bild der anderen schon veröffentlicht waren. Wir haben vorher nicht konkret über die Methoden unseres Vorgehens, unsere individuellen Werte und Grenzen gesprochen, da wir darauf vertraut haben, dass die anderen uns und unsere Grenzen schon kennen würden. In Sachen Grenzen setzen und Werte definieren halte ich es ebenfalls für erforderlich, dass die Geschäftspartner für jeden Projektbereich ihre individuelle Risikobereitschaft definieren und den anderen mitteilen. Dies gilt ganz besonders für monetäre Werte und Grenzen.

 

Es scheint, als wollte mir das Leben mit dem Campingprojekt im Saarland meine anfänglichen kleinen Lektion in Sachen Geschäftspartnerschaft noch einmal in aller Dramatik zeigen und verinnerlichen. Die Fehler, die wir damals mit unseren Internetprojekten gemacht haben, haben wahrscheinlich nicht weh genug getan, als dass ich davon nachhaltig gelernt habe. Jetzt habe ich wirklich begriffen, dass es für eine nachhaltige Zusammenarbeit nicht reicht, mit meinen Partnern auf einer Wellenlänge zu liegen und die gleichen Ziele zu haben. Ich kann und darf nicht davon ausgehen, dass meine Partner so handeln und entscheiden, wie ich es in einer bestimmten Situation tun würde oder, andersrum, sie meine Entscheidungen und Handlungen für gut und richtig halten. Ich kann und darf nicht davon ausgehen, dass ihre Risikobereitschaft sich mit meiner deckt und umgekehrt.

 

Wenn ich meinen Partnern den Standpunkt meines Wissens, meine Werte und Grenzen NICHT mitteile, und mich NICHT damit beschäftige, was sie wissen, wohin sie mit welchen Strategien und Methoden wollen und wo ihre Grenzen liegen, wird die Zusammenarbeit zum Glücksspiel. Auf dieses Glücksspiel haben meine damaligen Gesellschafter und ich uns für das Campingprojekt im Saarland voller Gottvertrauen eingelassen. Als wir zusammen fanden, war die Zeit bis zur Übernahme des Platzes verdammt knapp und sofortiges Handeln war gefragt! Also packten wir unverzüglich an, handelten und bemerkten erst viel zu spät, dass jeder von uns eine andere Vorstellung von „Handeln nach bestem Wissen und Gewissen“ hatte. 

 

Was denkt Ihr? Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht oder ganz andere? Habt Ihr Tipps? Schreibt gerne in die Kommentare.

 Ahoi Antje 

 

P.s.: Aus Gründen der Schreibökonomie  wähle ich für die Beiträge hinsichtlich der Aufführung der Geschlechter von Personen die Form, die am wenigsten Zeichen beinhaltet.    

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